Neujahrsempfang

Zunächst schien es, als wollte die Familie die Einladung nicht annehmen. Srey Ne kam mit der Antwort ihrer Eltern: "Wir essen in der Regel nicht auswärts." wieder zu uns. Doch meine Drohung: "Dann koche ich halt bei Euch." wirkte. Die Eltern und die ältere Schwester Srey Na kamen am letzten Samstag zum Mittag.

Es gab - natürlich - persische Originalküche für die Gäste und einen ungewohnten Einblick in Srey Ne's Familie für uns. Die Eltern stammen aus einem Fischerdorf in der Kampong Cham Provinz nördlich der Hauptstadt. Von den Großeltern sind drei während der Zeit der roten Khmer umgekommen, so dass das damals junge Paar entschied ihr Glück in Phnom Penh zu versuchen.

Der Vater arbeitete zunächst als Fahrradrikschafahrer für die wenigen Touristen am Wat Phnom. Dann konnte er sich ein Moped leisten und nun ist er stolzer Besitzer eines TukTuks.

Die Mutter kümmerte sich lange mit strenger Hand um die Erziehung ihrer drei Töchter, bis sie vor einem Jahr einen kleinen Essensstand am Fluss aufmachte. Ihre unerbittlichen Ansichten zum sozialen Umgang ihrer Töchter scheint ständiger Konflikt innerhalb der Familie zu sein.

Srey Na's Begeisterung für die Zeugen Jehovas schwappt inzwischen auch auf Srey Ne über. Vielleicht sehen die drei jungen Schwestern die einzige Möglichkeit der Strenge ihrer Eltern zu entkommen in der Anbindung an eine totalitäre Christensekte, die ihr Geburtstage, Bluttransfusion oder eine Hochschulausbildung verbietet.

Jeden Tag fegt, wischt und putzt Srey Ne still vor sich hin. Dann tuckert sie auf ihrem alten Moped in die baufällige Hütte ihrer Eltern. Zusammen mit der Großmutter teilt sie sich ein Zimmer, welches kleiner ist als das Badezimmer von Nouchine und Jonathan.

Frohes neues Jahr, Srey Ne.

Möge in Erfüllung gehen, was Du Dich traust zu träumen.