Was macht eine Auslandsgemeinde, Ulrich Holste-Helmer?

Ulrich Holste-Helmer und seine Frau sind Auslandspastoren der EKD in Bangkok. Von dort aus betreuen sie die Gemeindeglieder in Thailand (Bangkok, Pattaya, Chiang Mai, Hua Hin), Myanmar, Laos und Kambodscha. Ihr Arbeitsspektrum umfasst die großen und kleinen Themen einer normalen Ortsgemeinde, nur mit der Besonderheit, dass alles in einem fremden Kontext geschieht.

 

Nach Kambodscha kommen die beiden 1-2 im Jahr und bringen dann den bei den Kindern sehr geschätzten "Raben Rudi" mit. Vor einigen Tagen nahm sich Ulrich dann die Zeit mit einmal zu erklären, wie er seine Arbeit in Thailand in der Gemeinde "Die Brücke" sieht.

Ulrich Holste-Helmer
Ulrich Holste-Helmer

Dariush: Wie unterscheidet sich die Erwartungshaltung eurer Kerngemeinde hier in Thailand von denen, die ihr bisher in Deutschland kennengelernt habt?

 

Ulrich Holste-Helmer: Ich habe den Eindruck, dass zunächst einmal Menschen aus Deutschland gibt, die grundsätzlich eher kirchenverbunden sind, und die von uns den normalen pfarramtlichen Dienst erwarten. Eben nur an einem anderen Ort.

 

Dann gibt es noch Menschen, die in Deutschland vielleicht schon länger nichts mehr mit Kirche zu tun hatten und die uns hier plötzlich entdecken. Die merken dann, dass Gemeinde oder wir persönlich eine Möglichkeit des befristeten Andockens bieten.

 

Schließlich noch die Rentner in Pattaya, die manchmal im Streit aus Deutschland geschieden sind und auch erstmal bei der Kirche vor allem das ganze Repertoire der klassischen Kirchenkritik auspacken. Letztendlich sind diejenigen dann aber ganz froh, dass es so etwas wie ein Begegnungszentrum gibt. Die bekommen dann manchmal auch feuchte Augen wenn sie alte Choräle mitsingen, die sie vielleicht im Konfirmandenunterricht auswendig lernen mussten. Das vermittelt natürlich ein Stück Heimatgefühl.

Erntedankgottesdienst in Bangkok
Erntedankgottesdienst in Bangkok

Dariush: Gottesdienste, Amtshandlungen etc. finden hier ja nicht im gleichen Rahmen statt, wie zumeist in Deutschland. Ändert sich dadurch für euch die Art wie ihr eure Gottesdienste gestaltet? Könnte es sein, dass für kirchenferne Menschen das sogar eher ein Vorteil ist,  weil es sich im Garten unter der Sonne leichter beten lässt, als z.b. in einem 400 Jahre alten Kirchgebäude?

 

Ulrich Holste-Helmer: Das gibt es unterschiedliche Erfahrungen von uns: Die Wohnzimmeratmosphäre beim Sonntagsgottesdienst in Bangkok kommt sehr positiv an. Aber die Leute wissen schon zu schätzen, dass wir schon aus Platzgründen den Heiligabend in einer klassischen Thai-Kirche feiern. Die Konfirmationen hatten in unserem letzten Gemeindehaus etwas von feierlichem Empfang mit anschließend Sekt, Buffet und Gartenparty. Die Trauungen am Strand bedienen ja sowieso jede Menge Traumbilder. Da muss man die Leute eher dazu bekommen, das Ganze nicht zu voll zu packen.

Dariush: Wie erlebst du denn persönlich Christ sein in Thailand?

 

Ulrich Holste-Helmer: Ich persönlich finde es für mich gerade passend: Mit Meditation bin ich ja schon lange unterwegs. Hier noch einmal die eigene Spiritualität und Praxis in der dichteren Begegnung mit den Lehren des Buddha ins Gespräch zu bringen, finde ich schon eine Chance zur Vertiefung.

 

Im Blick auf die Gemeindearbeit kann mit dem Modell "Kirche als Heimat unterwegs" gut leben. Ich habe bei aller Faszination für altehrwürdige kirchliche Traditionen und Gebäude schon immer auch einen Faible für das wandernde Gottesvolk gehabt. Vielleicht ist "Gemeindeaufbau" eher der Job des Heiligen Geistes. Das soll aber nicht heißen, dass wir uns nicht Mühe für eine ordentliche Kommunikation geben sollten.

 

Durch meine doppelte Sondersituation (eine Kollegin ist meine Ehepartnerin und der andere Kollege mein kath. Amtsbruder) bin ich schon fast privilegiert gegenüber manchen im Ausland, die da stellenmäßig als Einzelkämpfer unterwegs sein müssen.

Gesprächskreis Pattaya
Gesprächskreis Pattaya

Dariush: Wenn Du an die Rückkehr nach Deutschland denkt, wo ihr dann ja noch ein paar Berufsjahre vor euch habt, was erwartest du dann? Glaubst du, die Arbeit in der Gemeinde oder im Kirchenkreis in Deutschland wird dann ersteinmal fremd sein oder hoffst du auf neue Impulse, die ihr aus Thailand mitnehmen könnt?

 

Ulrich Holste-Helmer: Ich kann mir gut vorstellen, nach meiner Rückkehr in der rheinischen Kirche, eine sogenannte Interims Pfarrstelle zu übernehmen. Da kann man dann Gemeinden in Vakanz- und Übergangsphasen (Fusionen, Schließungen) begleiten. Das kann ich mir für die letzten Berufsjahre passend vorstellen.

 

Meine Frau meint, dass ich hier gelegentlich - mangels Masse an ehrenamtlichen MitarbeiterInnen - meine Lust am perfektionistischen Einzelkämpfertum austobe (Gemeindebriefgestaltung, Websitegestaltung), und dass ich damit wahrscheinlich Probleme bekommen werde, wenn wir zurückkehren.

 

Ich glaube, dass ich auch in Deutschland durchaus teamfähig wäre. Aber vielleicht noch ungeduldiger bin mit Ehrenamtlichen, die in ihrem Engagement eher Prozesse verlangsamen oder durch persönliche Empfindlichkeiten komplizieren.

 

Dariush: Ulrich, ganz lieben Dank für Deine Zeit.